29.03.2017

Koreanische Hochzeit

Eine Hochzeitsfeier mit Familie und Freunden ist eine kurze Angelegenheit: man bucht eine Kapelle und/oder ein Hotel/Location, die sich auf Hochzeitsfeiern spezialisiert hat, es wird gegessen und man geht wieder nach Hause. Viel spannender sind aber die Stories drumherum, die ich von Cristina höre in unseren privaten deutsch-koreanisch-Unterrichtsstunden. Happy Hochzeitstag! an dieser Stelle an ein anderes Paar.
Foto: moderne koreanische Hochzeit (Cristina, 1.3.2017)
1. Die Hochzeit ist eine Familienangelegenheit.
Bei Cristina war das alles kein Problem, weil sich die beiden Eltern gleich mochten und vielleicht auch weil das Brautpaar schon relativ alt ist (36 und 40) und beide bereits ein finanziell unabhängiges Leben von ihren Eltern führten als sie sich im letzten Jahr kennengelernt haben. Das ist aber eher ein Ausnahmefall. Das erste Zusammentreffen der Eltern und potentiellen Schwiegereltern ist immer ein heikles und angespanntes Thema, alles muss passen: das Restaurant, in dem man sich trifft, die Sitzordnung, das Essen, die Themen...denn nur wenn die Eltern zustimmen, heiraten 99% der Koreaner.

2. Hochzeiten sind teuer.
Das ist wohl überall auf der Welt so, aber in der westlichen Welt sind es eher die Feier und Flitterwochen, die viel Geld verschlingen. Hier kommt viel mehr dazu: die erste gemeinsame Wohnung und teure Geschenke an Eltern, Bräutigam und Braut. Dies übernehmen meist ausschliesslich die Eltern, es ist ihre letzte "Pflicht" gegenüber ihren Kindern. Ab dann haben die Kinder ihre Pflichten gegenüber den Eltern zu erfüllen.

3. Das Kostensplitting ist kompliziert.
Es erfordert Absprachen je nach Vermögensverhältnissen wie die Kosten eine Hochzeit aufgeteilt werden. Versucht man zu verallgemeinern gilt:
Familie des Bräutigams:
50% Hochzeitsfeiern
50% Flitterwochen
100% Wohnung
+ alle Geschenke für die Braut (=Yemul (예물)

Familie der Braut:
50% Hochzeitsfeier
50% Flitterwochen
100% Einrichtung der Wohnung
+ alle Geschenke für den Bräutigam und der Familie des Bräutigams die auch reich beschenkt werden muss (=Yedan (예단)

4. Yemul und Yedan, die Hochzeitsgeschenke
Yemul (예물), die Geschenke für die Braut, waren früher sehr traditionelle Geschenke. Inzwischen (so auch bei Cristina) erhält die Braut von den Schwiegereltern: mehrere Schmuckstücke als Set (z.B. Diamantenschmuck Set bestehend aus Ring, Ohrringe und Armreif und/oder das gleiche mit Perlen und/oder das gleiche in Gold), ein Handtasche (in der Regel Chanel, da kann man nicht falsch liegen), ein Mantel, ein Kleid. 
Die Braut muss sich im Gegenzug bedanken mit einem Yedan (예단), das zum einen Cash beinhaltet (ca. 10% des Immobilienpreises für die Wohnung), aber auch traditionelle Geschenke wie Messing Geschirr oder Taschen, Kleidung etc. Oft stellt die Familie eine Liste der Geschenke zusammen, die sie erwartet. Der Brautigam bekommt eine Uhr (in der Regel Rolex, da kann man nicht falsch liegen) und einen Anzug. Cristina hat diese Geschenke alle selbst gezahlt und weil ihr Mann keine Rolex wollte, hat sie ihm 10 Mio KRW (ca 8.200 Euro) stattdessen gegeben. 

5. Die Braut behält ihren Namen
Keine Diskussion.

6. Familienplanung
Kaum ist man verheiratet, wird über die Familienplanung gesprochen. Im Durchschnitt warten die Paare 1 bis max. 2 Jahre, in denen sie sich besser kennenlernen wollen und ein wenig die Zweisamkeit geniessen (die es bisher ja nicht gab, denn es kommt sehr selten vor, dass Paare vor der Hochzeit zusammen ziehen). Cristina und ihr Mann wollen 1 Jahr warten, denn sie haben sich schliesslich erst im letzten Jahr kennengelernt. Das nennt man Plan!

Was verändert sich nach der Hochzeit (verschiedene Quellen/Gespräche mit Frisch-Verheirateten): 
- Man muss lernen zusammen in einer Wohnung/Haus zu leben...mit allen Anfangsschwierigkeiten, die man allen Neuvermählten deutlich ansieht.
- Frau lernt kochen oder kocht mehr
- Frau übernimmt die Finanzen (was Mann scheinbar gut findet - eine Sorge weniger!)
- Mann darf nicht mehr mit Kumpeln so häufig weg gehen (Frau hat ja die Finanzen übernommen)
- Frau trägt mehr Schmuck
- Mann bekommt Schock, dass Frau keine gemeinsame Steuerveranlagung unterschreiben will solange keine Kinder da sind
- zielgerichteter Sex
- man verbringt viel Zeit mit der anderen Familie und ist froh, wenn man sich einigermassen versteht
- Frau wird dominanter, denn das gemeinsame Leben muss schliesslich organisiert werden
- Mann arbeitet länger und mehr

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